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Warum ist die Diskussion über die Finanzierung so schwierig?

Wer die Konsequenzen aus dem Prinzip der teilweisen Entkopplung von Arbeit und Einkommen nicht durchschaut, der geht leicht den folgenden sechs Argumentationsmustern zur Finanzierung eines Grundeinkommens auf den Leim. Alle nehmen für sich in Anspruch, einen großen Beitrag zu einem wichtigen Problem zu leisten. Alle drücken sich aber vor der Grundsatzfrage: „Wie wollen wir miteinander leben? Wie wollen wir den Zugang zu dem gemeinsam Erzeugten gestalten?“

Dabei ist die Finanzierung des Grundeinkommens eigentlich eine triviale Angelegenheit. Weil jeder bedingungslos ein Grundeinkommen erhält, werden im Gegenzug auf irgendeine Art die klassischen Einkommen sinken. Wie das geht, ist aus Sicht des Grundeinkommens relativ egal. Denn alle Argumente für oder gegen die eine oder andere Methode kann man genauso gut auch ohne Grundeinkommen kontrovers diskutieren.

Hier die Methoden, wie man um die Sache herumgeredet wird:



Typ 1 „Professor“

Die Finanzierung ist wahnsinnig kompliziert. Ausführlichste Studien sind notwendig, um die Bezahlbarkeit eines Grundeinkommens zu beweisen oder zu widerlegen. Wer sowieso gegen ein Grundeinkommen ist, sucht sich eine Expertise heraus, die beweist, dass es nicht finanzierbar ist. Wer eher dafür ist, sich aber das Prinzip nicht klar gemacht hat, klammert sich an Fachleute, welche die Finanzierbarkeit „wissenschaftlich“ bewiesen haben.



Typ 2 „Große Zahlen“

Viele blicken wie gebannt auf die großen Zahlen, die jedes aus der Sozialpolitik bekannte Budget um Größenordnungen übersteigen. Dass es beim Grundeinkommen aber gar nicht um Sozialpolitik geht, sondern um eine andere Zuteilung der Einkommen, das scheint auch die Auffassungsgabe vieler „Fachleute“ zu übersteigen.



Typ 3: „Stein der Weisen“

Vertreter dieser Gruppe haben DAS Finanzierungsmodell gefunden. Selbst unfassbar vor Staunen, endlich eine Lösung gefunden zu haben, halten sie es in den Händen. Und meinen, dass ihr Modell todsicher funktionieren muss, und dass nur ihres und kein anderes Modell klappen wird.



Typ 4: „Was ich schon immer mal sagen wollte“

Beliebt ist der Trick, in ein Paket zur Finanzierung des Grundeinkommens Dinge hineinzuschnüren, die mit den Anliegen des bedingungslosen Grundeinkommens reichlich wenig zu tun haben. Wenn man mit diesen Dingen aber die rätselhafte Finanzierungsfrage zu lösen verspricht, dann lassen sie sich vielleicht gut an den Mann bringen. Manche leben seine Aversion gegen das Rauchen mit der Forderung nach einer höheren Tabaksteuer aus, wer um den Schutz der Umwelt besorgt ist, ist schnell mit Umweltsteuern dabei. Mal sieht man Grundeinkommen als Chance, den Tauschhandel zu beleben, mal als Gelegenheit, die Erben heranziehen, und manche möchten bei dieser Gelegenheit endlich das ganz Geldsystem über Bord werfen.

Wo andere Dinge wirklich eng mit dem Grundeinkommen zusammenhängen, muss man nicht „Forderungen stellen“, sondern aufzeigen, warum und wie sie das tun. Keine ideologischen Pakete schnüren, sondern inhaltlich erarbeiten, wie sich verschiedene Ideen gegenseitig befruchten.



Typ 5: „Der Perfektionist“

Besonders Gründliche erwarten von einer Finanzierung des Grundeinkommens, dass es auch wirklich alle möglichen Probleme und Risiken unserer Finanz- und Wirtschaftsordnung abdeckt. Es soll die Inflation eindämmen, die Staatsverschuldung mindern, der Kapitalakkumulation einen Riegel vorschieben, die internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessern und auch noch die Altlasten aus unserem Rentensystem beheben. Es soll zu gerade zufällig bestehenden Handelsabkommen passen und die Rolle der Frau stärken.

Dies sind berechtigte Anliegen. Erfreulich, wenn das Grundeinkommen zu dem einen oder anderen Aspekt etwas Positives beitragen kann. In vielen Fällen gibt es aber bessere Instrumentarien, als das Finanzierungsmodell für ein Grundeinkommen. Solche Universalansätze verstopfen die im Kern ganz einfache Idee des Grundeinkommens.



Typ 6: „Bezahlen sollen die anderen“

Weil man für sich oder sein Klientel will, dass das Grundeinkommen ohne Abstriche auf die bisherigen Einkommen zusätzlich herabregnet, müssen eben andere die Kosten übernehmen. Einmal sollen „die Reichen“ mit allerhand Steuern geschröpft werden, mal soll der untere Mittelstand überproportional die Kasse für das Grundeinkommen auffüllen (wie z.B. beim Ulmer Modell). Mal sollen die Beamten verzichten, mal die Selbständigen mehr zahlen, mal ist die Sozialhilfe zu hoch. Hauptsache, es sind die andern. Diese Haltung ist zwar menschlich verständlich, sie verstellt aber ärgerlicherweise den Blick auf das Wesen des Grundeinkommens, indem sie es nur zu einem weiteren Schauplatz für Klassenkampf ausgestaltet.

Manchmal kommt mir die Diskussion um all die im Raum stehenden Modelle vor, wie die Entdeckung der Kugelform der Erde. Weil man sich das Grundprinzip nicht klar macht, entstehen die abenteuerlichsten Ideen, wie man auf der anderen Seite der Erde kopfüber leben kann, ohne nach unten wegzufallen: Sicherheitsfanatiker empfehlen Netze aufzuspannen, Bergsteiger schlagen Karabinerhaken vor, Erfindernaturen schwören auf Magnetschuhe, Ängstliche wollen das Betreten verbieten, die chemische Industrie entwickelt einen speziellen Klebstoff, Praktiker gehen schon mal übungsweise im Handstand. Und alle streiten sich leidenschaftlich über die richtige Methode.

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