Warum steckete ich Zeit und Einsatz in das Thema bedingungsloses Grundeinkommen? Drei Dinge waren es, die mich faszinierten.
Für mich ist ist es wichtig, dass ich und andere in Freiheit leben.
Ich will freien Menschen begegnen, wenn ich in einem Geschäft bedient werde. Ich will Dinge benutzen, die andere ohne Zwang hergestellt haben. Unerträglich finde ich es, wenn die Verkäuferin, der Arbeiter, der Busfahrer nur deshalb für mich arbeiten, weil wir in einem System gegenseitiger Erpressung leben.
Heute haben wir einen unübersehbaren Wust von Gesetzen und Verordnungen, um dafür zu sorgen, dass niemand auf der Strecke bleibt. Alleine um die individuelle Höhe des Kindergeldes zu ermitteln, braucht man Experten, wobei selbst diese ohne Computerprogramme keinen Überblick mehr haben. Es gibt dutzende von Töpfen und Töpfchen, die alle an dem Problem der Mindestsicherung herumbasteln. Es werden Armuten wie die Energiearmut, die Mobiltätsarmut, die Nahrungsarmut, die Bildungsarmut erfunden, um dann die Scheinlösungen Sozialtarife, Sozialticket, Essens-Tafeln, Bildungspaket usw. zu präsentieren. Es scheint auch eine Spielzeugarmut zu herrschen, wozu sonst gibt es staatliche geförderte Spielzeugläden für Arme? Sogar von einer Umweltarmut ist neuerdings die Rede, wenn Menschen krank werden, weil sie sich nur eine laute und dreckige Wohnung leisten können. Und natürlich gibt es auch zur Umweltarmut Experten, Studien und Gegenmaßnahmen. Aber anstatt anzuerkennen, dass es nur eine Armut gibt, nämlich den Mangel an Geld, um am allgemeinen Wohlstand angemessen teilhaben zu dürfen, stattdessen wird eine Unzahl von Programmen aufgestellt, die wiederum die Betroffenen gängeln und den mit der Umsetzung dieser Programme beschäftigten Armutsverwaltern ihre Lebenszeit stehlen. Hinzu kommt eine Steuergesetzgebung, die in weiten Teilen deshalb so hoch kompliziert ist, weil sie Gerechtigkeit für jeden denkbaren Einzelfall herstellen will.
Das bedingungslose Grundeinkommen hingegen ist völlig einfach. Ein Gesetz dafür ließe sich auf eine DIN-A4-Seite schreiben. Die genannten komplizierten Regeln würden entfallen. Genau so wie die komplizierten mathematischen Beschreibungen der Planetenbewegung entfielen, als Kopernikus nicht die Erde, sondern die Sonne in den Mittelpunkt stellte.
Beim Grundeinkommen kann ich hautnah einen Paradigmenwechsel in der Gesellschaft miterleben. Andere Generationen mögen erlebt haben, wie die Eisenbahn die Welt veränderte, wie die Leibeigenschaft abgeschafft wurde oder wie neue Religionen das Leben veränderten. Die entscheidende Umwälzung heute ist für mich nicht die immer weitere Perfektionierung von Internet und Handy, sondern dass wir an einer Schwelle stehen, wo die alte Verteilung von Einkommen so nicht mehr weitergeht. Dass unsere gewohnten Begriffe von Arbeit und Einkommen nicht mehr tragen. Dass wir verzweifelt an einem Weltbild festhalten, das zwar für den selbst versorgten Bauernhof taugte, aber in einer Welt mit totaler Arbeitsteilung an sein Ende kommt. Niemand weiß genau, wie es weitergehen wird. Ganz egal ob sich unsere Gesellschaft irgendwann tatsächlich auf ein bedingungsloses Grundeinkommen verständigt oder nicht: Im Umfeld des Themas Grundeinkommens stehe ich selber in der Umwälzung ins Ungewisse.