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Die drei ernsthaftesten Argumente gegen das Grundeinkommen

Es gibt ernsthafte Einwände gegen das Grundeinkommen, mit denen sich auch die Befürworter auseinandersetzen sollten.

Argument 1 „Dann wollen alle nach Deutschland einreisen“

In der Tat nicht so einfach. Dieses Argument ließe sich zwar auf alles anwenden, was das Leben besser macht. Umweltschutz? Je dreckiger es hier ist, desto weniger wollen kommen! Friedliches Leben? Dann ziehen wir ja alle Feiglinge an! Wohlstand? Bloß nicht, dann wollen ja alle kommen.
Andererseits: Natürlich leben wir davon, dass hier etwas gemacht wird. Zehn, zwanzig oder gar fünfzig Prozent (scheinbare) „Nichtstuer“ dürften bei der heutigen Produktivität kein Anlass zur Sorge sein, wenn man aber wie ein Magnet die „Faulpelze" aus der ganzen Welt anzieht, dann hat man ein Problem.

Man muss also klären, wer dazu gehört und wer nicht, was ja auch schon heute sehr restriktiv gehandhabt wird. Ein Grundeinkommen dürfte an der Art und Höhe unserer Zäune nicht viel ändern. Andererseits könnte ein Grundeinkommen auch das Leben in anderen Ländern wieder attraktiver machen, wenn es dort auch eingeführt wird. Und ganz langfristig könnte man auch in Richtung eines Grundeinkommens als weltweites Menschenrecht denken. Mit dem Zwischenschritt eines europaweiten Grundeinkommens.

Argument 2 „Dann arbeitet keiner mehr“

Lange habe ich überlegt, ob dieses Argument zu den besten oder zu den schlechtesten Argumenten gegen das Grundeinkommen zählt. Für „schlecht“ spricht, dass es auch bei einem Grundeinkommen noch Gehälter und somit materielle Anreize gibt, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Für „schlecht“ spricht die Lebenserfahrung, dass heute die meisten nicht nur so viel arbeiten, bis sie gerade ihre 800 oder 1.000 Euro verdient haben. Für „schlecht" spricht auch, dass wir alle wissen, dass der Mensch nicht nur arbeitet, um Geld zu verdienen, sondern auch wegen der sozialen Anerkennung oder einfach des Arbeitsinhalts wegen. Trotzdem ist dieses Argument zu den ernsthaften zu zählen. Weil nämlich die Frage „Arbeitet dann noch jemand?" durchaus konstruktiv ist. Warum arbeiten wir eigentlich? Wieviel arbeiten wir? Was arbeiten wir? Wer bestimmt, wie wir arbeiten? Wie organisieren wir die gemeinsame Arbeitsteilung? Dürfen wir andere Menschen zwingen für uns zu arbeiten, oder ist es Zwangsarbeit, wenn ansonsten die Grundlagen der Existenz entzogen werden? Das sind alles Fragen, die zu den Grundlagen des Grundeinkommens führen, die zu einem Verständnis führen.

Auch wenn viele Befürworter eines BGEs meinen, hier mit harten Beweisen auffahren zu können. Es ist unmöglich vorauszuberechnen, wie der Mensch sich mit einem Grundeinkommen verhalten wird. Es sei denn, man geht davon aus, dass der Mensch kein freies Wesen ist.

Argument 3 „Arbeit als Pädagogik"

Heute ist es so, dass der Zwang zu einem Arbeitseinkommen erzieherisch wirkt. Arbeit hält uns davon ab, die Zeit sinnlos zu verplembern, sie motiviert uns aufzustehen, etwas zu lernen, für andere etwas zu tun. Wenn Müßiggang aller Laster Anfang ist, dann kann es nur gut sein, wenn wir davon abgehalten werden.

Ganze Generationen sind so erzogen worden, und auch heute noch leben wir so. Man kann nicht abstreiten, dass auf diesem Boden enorme wirtschaftliche Leistungen hervorgebracht wurden und sich die Menschen in der Tat dadurch auch entwickelt haben.

Aber alles hat ein Ende, auch diese Phase. Denn nur ganz bestimmte persönliche Entwicklungen und Leistungen können aufgrund dieses Druckes entstehen. Künstlerisches, Soziales, Meditatives und Geisteswissenschaftliches wird so nicht gefördert. Hierzu ist viel mehr innere Motivation erforderlich.

Will der Mensch sich heute weiter entwickeln, so muss er dies immer mehr aus eigenem Antrieb heraus tun. Ohne, dass er es muss. Das ist schwer. Es ist viel einfacher, sich aufzuraffen den Acker zu bestellen, weil man sonst mit Sicherheit im Winter verhungert, als sich aufzuraffen, ein wirklich anspruchsvolles Buch zu lesen oder für jemand anderen etwas zu tun, ohne eine Gegenleistung einzurechnen.

Da wir aber eine immer höhere Produktivität haben, entfällt ohnehin der Druck des sonst-verhungern-müssens. Deshalb wird er heute künstlich aufgebaut. Heute verhungert nicht der, der seinen Acker vernachlässigt, sondern der, der nicht bereit ist, an der neuesten 3D-Soundtechnik mitzuarbeiten oder wenigstens Abos für Fernsehzeitungen zu verkaufen.

Dieses Gegenargument der „Arbeit als Erziehung“ ist insofern berechtigt, als es die Frage aufwirft, wie wir motiviert werden, an uns und der Gesellschaft zu arbeiten. Es mag sein, dass das Grundeinkommen alleine noch keine ganze Antwort ist. Vielleicht muss sich die ganze Kultur ändern. Es müsste eine Kultur entstehen, in der sich die Menschen ohne äußeren Zwang entwickeln. Vielleicht ist das Grundeinkommen der Geburtshelfer einer solchen Kultur. Und wer die Augen aufmacht, sieht, dass diese Kultur schon heute zu sprießen beginnt.

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