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Gemeinwohlökonomie

Die sogenannte Gemeinwohlökonomie verspricht Impulse zur Lösung der aktuellen ökologischen, sozialen und ökonomische Krisen. Bei näherer Betrachtung stellt sie sich allerdings dar als ein Bündel unstrukturierter und nicht durchdachter Maßnahmen. Die Vertreter der Gemeinwohlökonomie versuchen aus dem Affekt heraus Symptome zu kurieren mit Maßnahmen die unlogisch, kompliziert, ineffektiv und entmündigend sind. Zudem gibt es zu allen Maßnahmen bessere Konzepte, die durchdachter sind und grundlegender ansetzen. Dies wird im folgenden an einigen Beispielen gezeigt. Dabei beziehe ich mich im Wesentlichen auf die Darstellungen der Internetseite des „Vereins zur Förderung der Gemeinwohlökonomie“ .

Ein Anliegen der Gemeinwohlökonomie ist es, den Anreizrahmen für die Wirtschaft umzupolen von dem Gewinnstreben auf das Gemeinwohlstreben. Hierzu sollen Unternehmen für gegenseitige Hilfe und Zusammenarbeit belohnt werden.

Falsch, weil es ein Widerspruch in sich ist: Belohnung ist nur für den attraktiv, der nach Gewinn strebt. Wer keinen Gewinn und keinen Vorteil anstrebt, der ist auch mit einer Belohnung nicht zu ködern. Wer für nicht-egoistisches Verhalten eine Belohnung verspricht, fördert damit den Egoismus. Das ist unlogisch. Die Sache ist also nicht richtig durchdacht.

Bessere Lösung: Mit einem Grundeinkommen wird zumindest teilweise Arbeit und persönlicher Gewinn entkoppelt. Da dadurch weniger Einkommen im Erwerbsbereich zu Verfügung steht, werden auch die Gewinnmöglichkeiten verringert. Teilweise, aber ohne logische Widersprüche.

Des weiteren fordert die Gemeinwohl-Ökonomie sogenannte „Gemeinwohlbilanzen“. Diese sollen ausdrücken, wie sehr ein Unternehmen den Zielen des Gemeinwohls dient. Dies ist ein sehr kompliziertes Verfahren mit über zwanzig Kriterien, die alle durch externe Prüfer kontrolliert werden sollen.

Viel zu kompliziert, viel zu fehleranfällig. Solange solch eine Gemeinwohlbilanz rein informativ für den interessierten Kunden gedacht ist, ist dagegen ja gar nichts zu sagen, sie sorgt für eine gewisse Transparenz und bewusstere Kaufentscheidungen. Sobald eine derartige Bilanz aber gesetzlich verbindlich ist und zur Grundlage der Besteuerung wird, fördert das die Korruption und die Misswirtschaft.

Da die meisten Ziele sehr weich sind, bildet sich ein Eldorado für zwielichtige Berater und Gutachter. Ähnlich wie heute Steuerberater Firmen bei deren Steuergestaltung helfen (ohne dabei auch nur ein Körnchen gesellschaftlichen Wohlstand zu erzeugen), wird man drehen und verschleiern in noch einem viel schlimmeren Ausmaß. Und selbst wenn alle nach bestem Wissen und Gewissen diese Bilanzen erstellen würden, würden dadurch erhebliche menschliche Ressourcen gebunden. Man stelle sich nur mal vor, der Schreiner um die Ecke müsste eine Gemeinwohlbilanz erstellen. Dann muss er mit einem Gutachter diskutieren, ob Park-Sitzbänke mehr zum Gemeinwohl beitragen als Jägersitze, warum er eine Gesellin entlassen hat und ober er auch immer nett zu seinem Werkzeuglieferanten war? Eine wahre Horrorvorstellung.

Die Gemeinwohlökonomie will Firmen unterstützen, deren Produkte der Entwicklung der Menschen dienen

Völlig unklarer Punkt. Von der Fernsehshow bis zum Naturkundebuch, vom Modeschmuck bis zum Wanderschuh, bei jedem Punkt könnte man endlos diskutieren, ob es der Entwicklung der Menschen dient oder nicht. Selbst Panzer dienen der Entwicklung der Menschen, denn sie sichern unsere freie Existenz. Das ist nicht meine persönliche Meinung, sondern die Mehrheitsmeinung in Deutschland (sonst würden wir als Demokratie keine Panzer bauen, einsetzen und verkaufen).

Bessere Alternative: Wenige wirklich entwicklungsschädigende Dinge werden verboten oder mit hohen Abgaben belegt. Grundsätzlich aber soll jeder Mensch selbst entschieden, was für ihn entwicklungsfördernd ist und was nicht. Über den Einsatz öffentlicher Ausgaben wird demokratisch entschieden.

Ein weiteres Anliegen der Gemeinwohlökonomie ist es, Einkommensunterschiede zwischen den Mitarbeitern eines Unternehmens zu begrenzen

Schwierig umzusetzen und leicht auszuhebeln. Man muss nur die Topverdiener in einem Unternehmen als Beratungsfirma outsourcen und schon kann man wieder beliebige Einkommensverhältnisse realisieren.

Bessere Lösung: Ein bedingungsloses Grundeinkommen schafft realistischerweise nicht den Reichtum ab, sondern die Armut. Als Nebeneffekt wird ganz automatisch auch die Schere zwischen arm und reich verringert. (Siehe Artikel: „Warum Grundeinkommen die Ungleichheit der Einkommen verringert“)

Die Gemeinwohlökonomie will Firmen unterstützen, die sich sozial engagieren

Unsinn, weil das nicht die Aufgabe der Firmen ist. Eine Chemiefirma stellt Farben und Lacke her und muss keine Kindergärten unterstützen oder Fahrradwege sponsern. Wenn die Gesellschaft will, dass mehr Kindergärten betrieben werden oder mehr Fahrradwege gebaut werden dann soll sie das selbst organisieren und finanzieren und sich nicht von Firmen abhängig machen.

Bessere Lösung: Der Staat erhebt entsprechende Steuern auf die Produkte der Firmen und organisiert die sozialen Wohltaten selbst. In vielen Fällen ist es noch demokratischer, wenn der Staat diese Gelder den Bürgen direkt bedingungslos auszahlt und diese dann selbst entscheiden, was sie damit machen. Wenn eine Firma freiwillig Kindergärten unterstützt oder Fahrradwege sponsert, ist dagegen natürlich nichts einzuwenden.

Die Gemeinwohlökonomie will die Firmen dazu verpflichten, dass sie jedem Mitarbeiter ein freies Sabbatjahr geben

Entmündigend, weil nicht jeder Bürger für sich selbst entscheiden darf, ob und wie viele Sabbatjahre er nehmen will.

Bessere Lösung: Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen könnte jeder Bürger für sich selbst entscheiden, ob und wie viele Sabbatjahre er nehmen will.

Die Gemeinwohlökonomie will den Arbeitsmarkt entlasten, indem sie die Arbeitszeit gesetzlich beschränkt.

Unsinn: Wer arbeiten will, ist keine Last für die Gesellschaft.

Bessere Lösung: Erst mal nachdenken, bevor man ausgeleierte Phrasen der nicht-gemeinwohlorientierten Denkweise von sich gibt.

Die Gemeinwohlökonomie will Unternehmen bevorzugen, die nichts mit Atomstrom zu tun haben.

Viel zu kompliziert, und das hat mit den Unternehmen nichts zu tun. Wenn die Gesellschaft Atomstrom als nicht gemeinnützig ansieht, dann kann sie diesen direkt verbieten oder erschweren. Das ist wesentlich einfacher, als bei jedem Unternehmen zu prüfen welchen Strom es bezieht.

Bessere Lösung: Versicherungspflicht für Atomkraftwerke fordern, dann würde sich deren Betrieb nicht mehr rentieren.

Die Gemeinwohlökonomie will das Bildungssystem gemeinwohlorientiert machen.

Thema verfehlt: Überhaupt auf die Idee zu kommen, das Bildungssystem in einem Atemzug mit der Ökonomie zu nennen ist zumindest nicht am Kindeswohl orientiert. Obendrein wird die Freiheit der Schule weiter eingeschränkt, wenn immer mehr Inhalte von politischer Seite in die Schüler gedrückt werden. Ein Wirtschaftssystem das die dazu passenden Menschen erst noch erzeugen muss weckt zudem unangenehme historische Erinnerungen.

Bessere Lösung: Befreiung der Schulen. Selbstverantwortliches Lernen und Lehren jenseits von staatlicher Gängelei.

Die Gemeinwohlökonomie will, dass bei Großunternehmen Stimmrechte und das Eigentum teilweise an die Beschäftigten und die Allgemeinheit übergeht

Diffuser Ansatz. Denn was heißt das genau? Der Übergang der Eigentumsrechte kann doch nur heißen, dass man Stimmrechte hat (das ist aber schon im zweiten Punkt genannt) und dass man am Gewinn beteiligt ist.

Es fragt sich, warum die Beteiligung der Allgemeinheit am Gewinn nur bei Großunternehmen der Fall sein soll? Die Allgemeinheit am Gewinn zu beteiligen kann man zudem viel einfacher durch Steuern als durch Übertagung der Eigentumsrechte.

Doch warum nur bei Großunternehmen? Warum sollen die Beschäftigten bei einem Großunternehmen mehr am Gewinn beteiligt sein als bei einem kleinen Unternehmen?

Warum gehen die Stimmrechte an die Allgemeinheit? Kann die Allgemeinheit besser entscheiden?

Bessere Lösung: Keine, solange nicht klar ist, worum es hier überhaupt gehen soll. Falls es darum gehen sollte, Machtkonzentrationen zu verringern, so wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen wesentlich effektiver und einfacher. Denn dann wird jedem Menschen zumindest die Macht zugestanden, über sich selber zu bestimmen.

Die Gemeinwohlökonomie will Arbeitsabbau bestrafen

Unlogisch: Es dient nicht dem Gemeinwohl, wenn man die Lebenszeit der Menschen mit Arbeiten bindet, die wegen der Effizienzsteigerung gar nicht mehr erforderlich sind. Im Gegenteil: Gemeinwohlorientiert wäre es, den Abbau von unnötigen „Arbeitsplätzen“ zu fördern, damit die Menschen mehr Zeit für das Gemeinwohl und für sich selbst haben.

Bessere Lösung: Ein bedingungsloses Grundeinkommen ermöglicht Arbeitsplatzabbau ohne (allzu starken) Einkommensabbau und erleichtert den Übergang zu andern sinnvolleren Arbeiten.

Die Gemeinwohlökonomie will mehr direkte Demokratie

In der Tat, das Gemeinwohl wird sicher verbessert, wenn die Macht der Staatsbürger gestärkt wird. Ganz unabhängig davon, ob sich die ökonomische Versorgung durch mehr direkte Demokratie verbessern oder verschlechtern würde. Sondern einfach dadurch, dass sich jeder mehr mit dem Gemeinsamen verbinden kann.

Noch bessere Lösung: Wenn man den Menschen schon zugesteht, dass sie über die Gesellschaft mit entscheiden, dann sollte man ihnen auch zugestehen, selber zu entscheiden, wann, wo und zu welchen Bedingungen sie arbeiten wollen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde das möglich machen.

Es gibt noch viele weitere Vorschläge der Gemeinwohlökonomie, die man fast durchweg als unreflektiert entlarven kann. Positiv ist zu vermerken, dass sie die Gemeinwohlökonomie nur als Anstoß zu einem Denkprozess versteht. Ich wünsche ihr, dass das gelingt!

Dieser Text bezieht sich auf www.gemeinwohl-oekonomie.org/de/content/ein-wirtschaftsmodell-mit-zukunft

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