Einige kurze Szenen zum Nachdenken
Franz zahlt sehr viel Steuern. Leistet er damit mehr als andere für die Gemeinschaft? Es kursieren ja solche Zahlen, dass 10 % der Bürger 90 % der Steuern bezahlen – tun diese wirklich so viel mehr für die Gesellschaft?
Der erste Einwand wäre, dass Franz erst mal viel verdienen muss, um viel Steuern zu zahlen. Viel verdienen kann er eigentlich nur als Gegenleistung, dafür, dass er viel für die Gemeinschaft tut. Wenn er z. B. Arzt ist und 1 Mio verdient, dann hat er ja schon für 1 Mio etwas gutes getan.
Zudem müsste nach den Gesetzen der Preisbildung durch Angebot und Nachfrage sein Netto (!)- Gehalt genau seiner Arbeitsleistung entsprechen, er wäre damit nach Steuern „quitt“ mit der Gesellschaft.
Wie würde man denken, wenn die Steuer nicht als Einkommensteuer, sondern als Konsumsteuer anfällt, wenn Franz sich also erst eine Jacht kaufen muss, damit die Steuern fließen?
Die Bauern in den Bergen müssen doppelt so viel arbeiten um ein kg Getreide zu erzeugen wie die Bauern im Tal. Das Land braucht auf jeden Fall das Getreide von Berg und Tal. Wie entsteht ein gerechter Preis für das Getreide, wie ein gerechtes Einkommen für die Bauern?
Die Transportkosten seien so gering, dass ein einheitlicher Marktpreis entstehen muss. Ist dieser für die Bergbauern auskömmlich, dann verdienen die Talbauern doppelt so viel. Bei progressiven Einkommensteuern ist dieser Effekt nur abgedämpft und es werden auch die fleißigen Vielarbeiter bestraft. Wenn man die Sache mit der Pachthöhe ausgleichen will, verschiebt sich die Sache nur zu der Frage, warum der eine Verpächter das ertragsreiche Stück besitzt und der andere Verpächter nicht. Oder gar zu der Frage, warum Pächter überhaupt Einnahmen haben. Womit die Ausgangsfrage noch lange nicht gelöst wäre,
Arbeit als Erzieherin gilt als sozial. Leistet der Elektriker keine soziale Arbeit, wenn er im Kindergarten die Lampen anschließt? Und wenn er in einem Wohnhaus die Lampen anschließt? Gibt es Arbeit, die nicht sozial ist?
Ein Gärtner arbeitet in einem für die Öffentlichkeit abgeschlossenen Garten eines reichen Mannes. Tut der Gärtner etwas für das Gemeinwohl der Gesellschaft?
Als die Mehrwehrsteuer für Hotelübernachtungen gesenkt wurde hieß es „Ein Geschenk an die Hotelbesitzer“. Der geringe Mehrwehrsteuersatz für Lebensmittel wird hingegen begrüßt als ein Vorteil für die Verbraucher. Was denn nun?
Für gesellschaftlich besonders wertvolle Arbeit wird oft eine ehrenamtliche Tätigkeit erwartet. Davon, dass das Betreiben eines Atomkraftwerks ehrenamtlich sein solle, war noch die Rede. Läuft das darauf hinaus, dass alle gesellschaftlich sinnvolle Arbeiten unbezahlt erfolgen sollen und alle gesellschaftlich unerwünschten Arbeiten bezahlt werden?
Heute wird gefordert, dass von den Atomunternehmen Rücklagen für den Abbau ihrer Anlagen zu bilden sind.
Angenommen, die Anlagen werden in 100 Jahren zurückgebaut. Dann müssen in 100 Jahren Menschen ihre Arbeitskraft darauf aufwenden. Diese Arbeitskraft fehlt dann in anderen Bereichen der Gesellschaft, sie stellt die objektiven Kosten dar, um die es geht.
Lässt sich durch heutige finanzielle Rücklagen die in 100 Jahren fehlende Arbeitskraft im voraus ersetzen, quasi konservieren? Selbst wenn man die Arbeitskraft in 100 Jahre mit dem heute gesparten Geld bezahlen würde, sie würde ja trotzdem der Gesellschaft entzogen. Vielleicht müsste man heute Produkte auf Vorrat produzieren, deren Herstellung man sich dann in 100 Jahren ersparen kann. Doch was will man im Jahre 2100 mit einem Handy, einem Brot oder einem Sofa von heute anfangen?