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Ein bisschen muss man auch Angst haben vor einem Grundeinkommen

Für viele Befürworter eines Grundeinkommens ist es eine glasklare Sache: Ist das Grundeinkommen erst einmal eingeführt, dann sind wir alle glücklicher. Die Bürger werden in sozialem Frieden miteinander leben. Jeder wird nach besten Kräften zum Gemeinwohl beitragen und sich dabei selbst verwirklichen. Keiner muss mehr Angst haben. Endlich ist Platz für das Gute, das nun nicht mehr durch den Zwang zur Erwerbsarbeit unterdrückt wird. Könnte aber alles nicht auch ganz anders kommen?

Könnte es nicht sein, dass meine Mitbürger ihre neu gewonnene Freiheit für ganz andere Dinge nutzen, als ich mir das gedacht habe? Dass der Alkohol- und Drogenkonsum steigt? Dass der Schwarzhandel steigt? Dass es zum Dauerstreik kommt, weil das Grundeinkommen eine nie versiegende Streikkasse ist? Dass die sich frei entfaltende Persönlichkeit meiner Mitmenschen eine ganz andere ist, als ich mir es immer gewünscht habe? Dass die Wertschöpfung so weit zusammenbricht, dass ich Not leiden muss? Dass auf der Basis des Grundeinkommens politische Strömungen entstehen, die mir überhaupt nicht passen? Dass gerade ich selber meine Arbeit verliere, weil meine Tätigkeit keiner mehr braucht? Abgesichert wäre ich zwar - aber will ich versorgt zu Hause sitzen und ohnmächtig zuschauen, wie alles ganz anders kommt als ich mir das erträumt habe?

Eingefleischte Grundeinkommensbefürworter kennen da keinerlei Zweifel. Sie wissen, dass alles wissenschaftlich durchgerechnet ist. Sie sind sich ganz sicher, dass alles zwingend sich zum Gutem wenden muss. Kritik ist für sie nur ein Anlass, ihre Kataloge mit Argumenten aufzublättern.

Solche Befürworter langweilen mich. Für sie ist das Grundeinkommen keine kulturelle Revolution, sondern eine kalkulierbare Optimierung unseres Systems. Sie spüren nicht das Bauchkribbeln, dass sich hier Großes tut. Sie spüren nicht, dass in jeder neuen Tat auch das Risiko des Misslingens liegt. Sie spüren nicht, wie aufregend es ist, wenn der Mensch von Fesseln des Erwerbseinkommens befreit wird.

Dabei kennt jeder diese Atmosphäre des Wagnisses bei großen Entscheidungen. Wer hat je eine Arbeitsstelle gewechselt, ohne dem Neuen erwartungsvoll-zweifelnd entgegen zu sehen? Wer hat seine Ehe vorher durchgerechnet? Kein guter Musiker, kein guter Vortragender, der nicht Lampenfieber hätte, der nicht auch an sich zweifeln kann. Nur Bürokraten, die nur noch das Alte verwalten, kennen das Wagnis des Neubeginns nicht.

Grundeinkommen ist wie ein Sprung ins kalte Wasser. Man muss es wagen. Wer es sich wie ein Wohlfühlbad vorstellt, der macht drei entscheidende Fehler:

Die Zweifel sollen nicht lähmen. Die Zweifel sollen nicht abschrecken. Im Gegenteil. Zweifel und der Ruf aus der ungewissen Zukunft geben erst die Kraft, einen so großen neuen Schritt der Entwicklung zu tun. Ein bisschen Angst muss man vor dem Grundeinkommen also schon haben, wenn man glaubwürdig dafür kämpfen will.

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