Im Sommerloch 2015 flammt eine Diskussion auf, ob der 8-Stunden Tag noch zeitgemäß sei. Die Positionen sind wie immer polar: Arbeitgeber wollen die Regelungen der Arbeitszeit flexibilisieren, die Arbeitnehmerseite hält dagegen. Dass in dieser Diskussion das bedingungslose Grundeinkommen noch nicht auftaucht, zeigt, dass es noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.
Dabei wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen, wie so oft, auch hier der Schüssel zur Lösung. Selbst bei der flexibelsten gesetzlichen Arbeitszeitregelung wäre keiner mehr gezwungen, länger zu arbeiten, als er will oder kann. Denn mit einem Grundeinkommen wird überhaupt niemand mehr gezwungen, zu arbeiten. So gesehen, könnten gesetzliche Arbeitszeitreglungen sogar komplett wegfallen. Wobei solch ein extremer Ansatz sicher nicht in allen Fällen vernünftig ist. Ich wäre schon ganz froh, wenn ich weiß, dass der Busfahrer, der meine Kinder fährt, nicht schon seit 20 Stunden hinterm Steuer sitzt und dass der Arzt, der mich operiert, nicht vor Müdigkeit mit dem Skalpell ausrutscht. Für solche Fälle müssten Regeln verbleiben. Doch sind das keine arbeitsrechtlichen Regeln, sondern branchenspezifische Sicherheitsstandards, genau so wie die TÜV-Kontrolle des Busses oder Hygienevorschriften im Krankenhaus. Ansonsten soll ruhig der kreative EDVler 14 Stunden am Stück arbeiten. Ob das, was dabei rauskommt, in Relation zu seinem Gehalt steht, ob er solch einen Job überhaupt annimmt, das sollen er, seine Firma und seine Kunden entscheiden, nicht aber der Gesetzgeber. Vielleicht leisten auch manche mit 4 Stunden Arbeitszeit mehr als heute mit 8, wer weiß, das ist sicher in jeder Branche und bei jedem Menschen anders. Mit einem Grundeinkommen könnten weder die Arbeitgeber über mangelnde Flexibilisierung klagen (falls sie nicht in Wirklichkeit Zwang zur Mehrarbeit meinen). Noch könnten sich die Arbeitnehmervertreter über Ausbeutung und Überforderungen beschweren (falls sie dabei nicht in Wahrheit die Entmündigung ihres Klientels im Auge haben).
Arbeitgeber und Arbeitnehmer streiten sich publikumswirksam über Stunden und Minuten, halten aber in der wirklich wichtigen Frage, ob Einkommen bedingungslos sein sollte, wie Pech und Schwefel zusammen.